SCHLOSS BOUCHOUT


Der Nationale Botanische Garten Belgiens liegt in Meise, ein paar Kilometer nördlich von Brüssel. Der Staat kaufte das Gebiet 1938 von der königlichen Familie, eben um den Garten anzulegen. Was Uneingeweihte jedoch nicht wissen, ist, dass hier nicht nur Pflanzen zu besehen sind, sondern auch ein Zeuge früher geschichtlicher Ereignisse, nämlich das Schloss Bouchout.

Wir müssen ganze 900 Jahre zurückgehen, um die Anfänge dieser Festung mit zu erleben. Oft wird behauptet, es sei der Herzog von Brabant gewesen, der hier auf lokalen Widerstand stieß, in der Form einer Bürgerwehr von Meise. Das ist nicht möglich, denn Brabant war zu dieser Zeit ein Landgrafentum. Gottfried II, Graf von Löwen, war zugleich Herzog von Niederlothringen und Landgraf von Brabant, als es in der ersten Hälfte des 12. Jhd. zu Zusammenstößen mit der Bevölkerung kam. Das Resultat davon waren zwei Befestigungsanlagen, eben das Schloss Bouchout und nicht weit davon entfernt das Schloss Meise. Letzteres ist allerdings im zweiten Weltkrieg völlig abgebrannt.

Das Wappen der Herzöge von Brabant. Der Brabanter Löwe ist heute noch im Wappen Belgiens zu sehen, weil der Freiheitskampf von Brabant ausging.

Der erste Herzog von Brabant war Heinrich I, genannt der Mutige, der 1183 oder 1184 vom Landgrafen zum Herzog erhoben wurde. Er war allerdings schon vorher Herzog gewesen - von Niederlothringen, wie sein Vater Gottfried III. Seine Mutter war Margarete von Limburg. Wenn man bedenkt, dass Heinrich 1165 in Löwen geboren wurde, kamen diese Ehren schon als 18- oder 19jähriger auf ihn. Er starb 1235 in Köln.

Aber das war immer noch zu einer Zeit, als es das heutige Schloss noch nicht gab. Der älteste Teil davon, nämlich der viereckige Turm, stammt erst aus dem 14. Jhd. Allerdings war dann schon bald die Glanzzeit dieser Festungen vorüber, denn das 15. Jhd. bedeutete das Ende des Rittertums und der Ritterburgen.
Maximilian I von Habsburg bezeichnete sich selbst als "der letzte Ritter". Was aber hat Maximilian mit Bouchout zu tun? Nun, er wurde im August 1477 der Gatte von Maria von Burgund. Maria selbst hatte erst im Jänner dieses Jahres ihren Vater beerbt - ein Erbe, das außer dem Herzogtum Burgund unter anderem auch Flandern, Brabant, Luxemburg und Holland umfasste. Maria starb allerdings schon 5 Jahre später an den Folgen eines Jagdunfalls. Sie ist übrigens in der Liebfrauenkirche in Brügge begraben. Damit aber kam das Reich der Burgunder unter die Herrschaft der Habsburger.

Auch was den botanischen Garten betrifft, hatte ein Habsburger die Hand im Spiel. Es war nämlich die katholische Universität in Löwen, die den Garten in ihrer Obhut hatte. Der Kaiser Joseph II beschloss jedoch 1788, die Universität nach Brüssel zu verlegen. Zur Verlegung des botanischen Garten kam es jedoch nicht mehr.

Das heutige Aussehen des Schlosses stammt aus dem Jahr 1830, als es der Graf von Beauffort herrichten ließ. Im Jahr 1879 verkauft die Familie jedoch den Besitz an König Leopold II, als Schloss Tervuren abbrannte. Dort hatte Charlotte von Belgien residiert, wenn auch in geistiger Umnachtung. Als man 1867 ihren Gatten, Maximilian von Habsburg, in Mexiko als Kaiser absetzte und hinrichten ließ, wurde Charlotte geisteskrank.
Nun ließ Charlottes Bruder die Besitztümer von Meise und Bouchout vereinen, um der Kaiserwitwe ein neues Zuhause zu bieten. Sie lebte dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1927.

Das Schloss verfiel nach dem Tod der Kaiserin, wurde aber in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts - unter Beibehaltung wichtiger Einzelheiten wie Fußböden, Türen und Deckenverzierungen - völlig renoviert und wird heute zeitweise für Konferenzen, Ausstellungen, etc. verwendet. Zu anderen Zeiten ist das Innere des Schlosses der Allgemeinheit allerdings nicht zugänglich.


© Bernhard Kauntz, Västerås 2008




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last update: 5.3.2008 by webmaster@werbeka.com